Die Gaggenauer Tafel bleibt in einem schwierigen Corona-Jahr stabil für ihre Kunden da / Weiterer Anstieg der Bedürftigkeit zu erwarten

Wechsel an der Vorstandsspitze: Josef Hartmann (von links) und Jürgen Schönfuß übergeben ihre Ämter an Heinz Adolph und Bernhard Veit. Foto: Regina Frammelsberger
Der Verein "Murgtal Tafel Gaggenau" hat am Mittwoch eine neue Vorstandsspitze gewählt und auf das schwierige Jahr 2021 zurückgeblickt: ein Jahr, in dem Organisationen wie diese besonders gefordert und wichtig waren. Vorsitzender Josef Hartmann erinnerte zunächst an die grundsätzliche Idee der Tafel-Läden, deren Zweck es sei, "noch verwendungsfähige Nahrungsmittel und andere Gegenstände des persönlichen Gebrauchs zu sammeln und Bedürftigen zuzuführen".
Denn auch in Deutschland gebe es neben einem Überfluss an Lebensmitteln zugleich immer mehr Menschen, die nicht genug hätten, um satt zu werden. Die Tafel schlägt eine Brücke zwischen Mangel und Überfluss und erreicht damit einen doppelten Nutzen: den Dienst am Mitmenschen und den für die Umwelt. Zahlreiche Gaggenauer Läden unterstützen diese Hilfeleistung durch eine regelmäßige Lebensmittelspende: Aldi, Lidl, Edeka, Penny, Rewe und der CAP-Markt in Bad Rotenfels. Aber auch sieben örtliche Bäckereien zählen zu den Lieferanten: Bäckerei Braun, Pfistner, Häfele, Fischer, Brezels, Liedtke und Peters gute Backstube sowie die Metzgerei Krug übergeben dem Tafel-Fahrdienst zweimal pro Woche ihre überschüssigen Waren. Auf diese Art rettete die Gaggenauer Tafel im vergangenen Jahr mehr als 100 Tonnen Lebensmittel. Hinzu kommen private Spender oder Sachspenden. An besonderen Tagen können auch frische Waren an die Bedürftigen verteilt werden. Zum Beispiel erfreuten sich zur Weihnachtszeit über 200 Menschen an einem warmen Gericht von Tonis Pizza Express.
Diese große Unterstützung von Geschäften und Firmen aus Gaggenau machte es möglich, dass "wir in einem schwierigen Corona-Jahr stabil für unsere Kunden da sein konnten", stellte Hartmann dankend fest. Er betonte auch die vom Benz-Werk zur Verfügung gestellten, mietfreien Räumlichkeiten und die ebenfalls kostenlose, professionelle Müll-Entsorgung durch die Firma Hurrle.
Kassierer Thomas Seifert erläuterte die Gegenüberstellung von Ausgaben und Einnahmen. Insgesamt ergab sich ein Gewinn, mit dem die Tafel "für die Zukunft gut gerüstet" sei. In den nächsten Jahren erwartet Hartmann einen weiteren Anstieg der Bedürftigkeit. Aktuell seien 238 Kunden plus zahlreiche Kinder und Jugendliche als Tafelkunden registriert. Davon sind über 70 neue Flüchtlinge aus der Ukraine; seit längerer Zeit kaufen Syrer, Afghanen und auch zahlreiche deutsche Mitbürger im Schnitt einmal pro Woche Waren aus dem Tafelladen ein.
Oberbürgermeister Christof Florus zeigte sich erstaunt über die Bandbreite der Leistungen und lobte die Arbeit der über 80 Vereinsmitglieder: "Das ist Ehrenamt pur!" Florus teilte die Ansicht, dass die finanzielle Lage für die Menschen nicht einfacher werden wird und dankte für die "hervorragende Arbeit", die allen voran Josef Hartmann in seiner zwölfjährigen Ära geleistet habe: Den Aufbau eines kleinen Unternehmens durch überzeugende Einstellung und Führungskraft. Hartmann selbst beschrieb den Start mit einem unbekannten Weg, den er mit seinem Team "im Gleichschritt gegangen" sei.
Fahrpläne, Kühltruhen und ganz viel Herzblut
Bernhard Veit wurde hernach zum neuen Vorsitzenden gewählt. Auf Jürgen Schönfuß folgte Heinz Adolph als zweiter Vorsitzender. Hartmann und Schönfuß werden den Verein als Beisitzer weiter unterstützen. Als neuer Vorsitzender blickte Veit auf die Arbeit der zwei scheidenden Vorgänger zurück und stellte fest, dass sie "immer da und immer aktiv waren". Schönfuß war für ihn der "Herrscher über Fahrpläne und Kühltruhen", Hartmann der "Kapitän, der seine Mannschaft mit Herzblut durch Höhen und Tiefen gesteuert" habe. Veit selbst habe Respekt vor seiner Aufgabe, die er "auf der Basis eines tollen Fundaments" jedoch gerne annehme.
In Anbetracht kommender wirtschaftlicher Probleme, steigender Altersarmut und steigender Kundenzahl baue er auf das Engagement der Mitarbeiter und die Unterstützung der Gaggenauer Bürger und Betriebe. Gleichzeitig stellte Veit klar, dass die Tafel keine staatliche Organisation sei. Für die Grundversorgung der Menschen stellen sie nur ein Zusatzangebot auf die Beine, müssten aber kein schlechtes Gewissen haben, wenn die Regale frühzeitig leer seien. Dem ehrenamtlichen Engagement seien auch Grenzen gesetzt und weiterhin laute das Motto der Tafel "Wir helfen so viel wir können."
