Geschenke für die Tafelkinder
Auch in diesem Jahr konnte die Murgtal Tafel Gaggenau e.V. Geschenke an die Kinder ihrer Kunden weitergeben. Neben der schon lange bewährten Partnerschaft mit Daimler Truck und deren aktion "schenk ein Päckchen", waren in diesem Jahr erstmals die Stadtwerke Gaggenau Partner bei dieser Geschenkeaktion.
Der Chef der Tafelrunde reicht den Kelch weiter
Badisches Tagblatt 30.04.2022
Josef Hartmann gibt die Leitung des Gaggenauer Tafelladens ab / Zwölf Jahre Dienst für das Gemeinwohl
Engagiert sich auch weiterhin: Josef Hartmann tritt als Leiter des Tafelvereins ab und bringt sich im Fahrdienst weiter ein.
Zufrieden blickt Josef Hartmann auf seine Schaffenszeit beim Gaggenauer Tafelladen zurück. Nach 12 Jahren im Dienste des Gemeinwohls und des Ehrenamts macht der bisherige Leiter nun Platz für einen Nachfolger. Dem Verein bleibt er dennoch weiterhin erhalten.
Auf die Frage nach seinen Beweggründen, sich für sozial Schwächere zu engagieren, muss Josef Hartmann nicht lange überlegen: "Mich hat die Tafelidee schon immer überzeugt", sagt er. Der Umstand, dass jedem an der Tafel Beteiligten geholfen wird, habe ihn dazu bewegt, sich auch einzubringen. Auf der einen Seite werden Lebensmittel vor dem Mülleimer gerettet, während auf der anderen Seite Bedürftige mit ihnen unterstützt werden. Das sei eine "Win-Win-Situation, die für die Tafel idealerweise umgesetzt wird", befindet er.
Rückblickend sind ihm aber die zwischenmenschlichen Kontakte stärker in Erinnerung geblieben. "Die erfüllendsten Momente sind die, in denen Sie Menschen direkt beschenken können", betont er im Gespräch mit dieser Zeitung. Auch die Arbeit mit "Gleichgesinnten", die sich für das Wohl für sozial Schwächere einsetzen, habe ihm stets gelegen: "Das Gemeinschaftliche ist das Tolle an diesem Verein."
Alles angefangen habe im Jahr 2008 mit der Gründung der Gaggenauer Tafel – dereinst noch als Außenstelle der Rastatter Tafel und zunächst in der Gaggenauer Bahnhofstraße ansässig. Im Fahrdienst begann Hartmann sodann seine zweite Karriere im sozialen Bereich. Zu diesem Zeitpunkt war Hartmann bereits im Ruhestand. Zuvor war er als Wirtschaftsingenieur und Investitionsplaner im Gaggenauer Daimler-Werk angestellt. Das unternehmerische Denken, das er während seines Berufs geschärft hatte, war vermutlich eine gute Voraussetzung für die spätere Tafelleitung, schätzt er. "Da war ich vielleicht prädestinierter als andere", sagt er, ohne sich selbst zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Die Geschichte scheint ihm Recht zu geben. Denn, wie sich die Tafel heutzutage organisatorisch und persönlich präsentiert, sei mitunter seinem Engagement zu verdanken, so Hartmann. "Das Ganze aufzubauen, da habe ich mich seinerzeit drum bemüht", sagt er.
Von der Gründung 2008 unter dem Dach des Rastatter Tafelvereins über die Zusammenarbeit mit dem DRK Gaggenau bis hin zur finanziellen und rechtlichen Selbstständigkeit der "Murgtal Tafel Gaggenau" hat er seit 2010 als Leiter die Geschicke mitbestimmt. Dennoch betont er ausdrücklich: "Ich fühle mich nicht als Chef hier." Vielmehr habe er zwölf Jahre einem engagierten Miteinander aller Beteiligten vorgestanden.
Was nun die zweite Phase seines Ruhestands für ihn bereit hält, will Hartmann erst einmal auf sich zukommen lassen. Mehr Zeit für seine Familie, Radfahren, Sport und Entspannung beim Zeitunglesen nennt er etwa. Den Vereinsvorsitz nun abzugeben, schmerze ihn also nicht. Das Ehrenamt wird er sich aber auch weiterhin erhalten: "Ich werde nach wie vor im Fahrdienst dabei sein." Zudem will er seinen Nachfolger, Bernhard Veit, mit seinen Erfahrungen unterstützen. Denn: "Das Wissen ist nicht an Bücher gebunden", erklärt er. Bei der Mitgliederversammlung am Mittwoch ließ Hartmann sich nicht erneut zur Vorstandswahl aufstellen.
Brücke zwischen Mangel und Überfluss
Badisches Tagblatt 29.04.2022
Die Gaggenauer Tafel bleibt in einem schwierigen Corona-Jahr stabil für ihre Kunden da / Weiterer Anstieg der Bedürftigkeit zu erwarten
Wechsel an der Vorstandsspitze: Josef Hartmann (von links) und Jürgen Schönfuß übergeben ihre Ämter an Heinz Adolph und Bernhard Veit. Foto: Regina Frammelsberger
Der Verein "Murgtal Tafel Gaggenau" hat am Mittwoch eine neue Vorstandsspitze gewählt und auf das schwierige Jahr 2021 zurückgeblickt: ein Jahr, in dem Organisationen wie diese besonders gefordert und wichtig waren. Vorsitzender Josef Hartmann erinnerte zunächst an die grundsätzliche Idee der Tafel-Läden, deren Zweck es sei, "noch verwendungsfähige Nahrungsmittel und andere Gegenstände des persönlichen Gebrauchs zu sammeln und Bedürftigen zuzuführen".
Denn auch in Deutschland gebe es neben einem Überfluss an Lebensmitteln zugleich immer mehr Menschen, die nicht genug hätten, um satt zu werden. Die Tafel schlägt eine Brücke zwischen Mangel und Überfluss und erreicht damit einen doppelten Nutzen: den Dienst am Mitmenschen und den für die Umwelt. Zahlreiche Gaggenauer Läden unterstützen diese Hilfeleistung durch eine regelmäßige Lebensmittelspende: Aldi, Lidl, Edeka, Penny, Rewe und der CAP-Markt in Bad Rotenfels. Aber auch sieben örtliche Bäckereien zählen zu den Lieferanten: Bäckerei Braun, Pfistner, Häfele, Fischer, Brezels, Liedtke und Peters gute Backstube sowie die Metzgerei Krug übergeben dem Tafel-Fahrdienst zweimal pro Woche ihre überschüssigen Waren. Auf diese Art rettete die Gaggenauer Tafel im vergangenen Jahr mehr als 100 Tonnen Lebensmittel. Hinzu kommen private Spender oder Sachspenden. An besonderen Tagen können auch frische Waren an die Bedürftigen verteilt werden. Zum Beispiel erfreuten sich zur Weihnachtszeit über 200 Menschen an einem warmen Gericht von Tonis Pizza Express.
Diese große Unterstützung von Geschäften und Firmen aus Gaggenau machte es möglich, dass "wir in einem schwierigen Corona-Jahr stabil für unsere Kunden da sein konnten", stellte Hartmann dankend fest. Er betonte auch die vom Benz-Werk zur Verfügung gestellten, mietfreien Räumlichkeiten und die ebenfalls kostenlose, professionelle Müll-Entsorgung durch die Firma Hurrle.
Kassierer Thomas Seifert erläuterte die Gegenüberstellung von Ausgaben und Einnahmen. Insgesamt ergab sich ein Gewinn, mit dem die Tafel "für die Zukunft gut gerüstet" sei. In den nächsten Jahren erwartet Hartmann einen weiteren Anstieg der Bedürftigkeit. Aktuell seien 238 Kunden plus zahlreiche Kinder und Jugendliche als Tafelkunden registriert. Davon sind über 70 neue Flüchtlinge aus der Ukraine; seit längerer Zeit kaufen Syrer, Afghanen und auch zahlreiche deutsche Mitbürger im Schnitt einmal pro Woche Waren aus dem Tafelladen ein.
Oberbürgermeister Christof Florus zeigte sich erstaunt über die Bandbreite der Leistungen und lobte die Arbeit der über 80 Vereinsmitglieder: "Das ist Ehrenamt pur!" Florus teilte die Ansicht, dass die finanzielle Lage für die Menschen nicht einfacher werden wird und dankte für die "hervorragende Arbeit", die allen voran Josef Hartmann in seiner zwölfjährigen Ära geleistet habe: Den Aufbau eines kleinen Unternehmens durch überzeugende Einstellung und Führungskraft. Hartmann selbst beschrieb den Start mit einem unbekannten Weg, den er mit seinem Team "im Gleichschritt gegangen" sei.
Fahrpläne, Kühltruhen und ganz viel Herzblut
Bernhard Veit wurde hernach zum neuen Vorsitzenden gewählt. Auf Jürgen Schönfuß folgte Heinz Adolph als zweiter Vorsitzender. Hartmann und Schönfuß werden den Verein als Beisitzer weiter unterstützen. Als neuer Vorsitzender blickte Veit auf die Arbeit der zwei scheidenden Vorgänger zurück und stellte fest, dass sie "immer da und immer aktiv waren". Schönfuß war für ihn der "Herrscher über Fahrpläne und Kühltruhen", Hartmann der "Kapitän, der seine Mannschaft mit Herzblut durch Höhen und Tiefen gesteuert" habe. Veit selbst habe Respekt vor seiner Aufgabe, die er "auf der Basis eines tollen Fundaments" jedoch gerne annehme.
In Anbetracht kommender wirtschaftlicher Probleme, steigender Altersarmut und steigender Kundenzahl baue er auf das Engagement der Mitarbeiter und die Unterstützung der Gaggenauer Bürger und Betriebe. Gleichzeitig stellte Veit klar, dass die Tafel keine staatliche Organisation sei. Für die Grundversorgung der Menschen stellen sie nur ein Zusatzangebot auf die Beine, müssten aber kein schlechtes Gewissen haben, wenn die Regale frühzeitig leer seien. Dem ehrenamtlichen Engagement seien auch Grenzen gesetzt und weiterhin laute das Motto der Tafel "Wir helfen so viel wir können."
Bernhard Veit folgt auf Josef Hartmann
Badische Neueste Nachrichten 29.04.2022
Gaggenauer Tafelverein wählt neues Vorstandsteam / Heinz Adolph wird Stellvertreter
Wechsel an der Vorstandsspitze der Gaggenauer Tafel: Josef Hartmann und Jürgen Schönfuß übergeben ihr Amt an Heinz Adolph und Bernhard Veit (von links). Foto: Regina Frammelsberger
Bei der Mitgliederversammlung des Vereins Murgtal Tafel Gaggenau wurde am Mittwoch eine neue Vorstandsspitze gewählt: Nach zwölf Jahren als Vorsitzender stellte sich Josef Hartmann nicht mehr zur Wahl. Einstimmig wurde Bernhard Veit zum Vorsitzenden gewählt. Auf Jürgen Schönfuß folgt Heinz Adolph als stellvertretender Vorsitzender. Josef Hartmann und Jürgen Schönfuß werden den Verein weiterhin als Beisitzer unterstützen.
"Josef Hartmann hat als Kapitän die Mannschaft mit Herzblut gesteuert."
Bernhard Veit, neuer Tafel-Vorsitzender
Der neue Vorsitzende Veit blickte auf die Arbeit der zwei scheidenden Vorsitzenden zurück und stellte fest, dass sie "immer da und immer aktiv waren". Schönfuß war für ihn der "Herrscher über Fahrpläne und Kühltruhen", Hartmann der "Kapitän, der seine Mannschaft mit Herzblut durch Höhen und Tiefen gesteuert" habe. Veit selbst habe Respekt vor seiner Aufgabe, die er "auf der Basis eines tollen Fundamentes" jedoch gerne annehme. In Anbetracht kommender wirtschaftlicher Probleme, steigender Altersarmut und steigender Kundenzahl baue er auf das Engagement der Mitarbeiter und die Unterstützung der Gaggenauer Bürger und Betriebe. Gleichzeitig stellte Veit klar, dass die Tafel keine staatliche Organisation sei. Für die Grundversorgung der Menschen stellen sie nur ein Zusatzangebot auf die Beine, müssten aber kein schlechtes Gewissen haben, wenn die Regale frühzeitig leer seien. Dem ehrenamtlichen Engagement seien auch Grenzen gesetzt und weiterhin laute das Motto der Tafel: "Wir helfen so viel wir können."
Im Jahr 2021 waren die Tafeln besonders gefordert. Josef Hartmann erinnerte an die grundsätzliche Idee der Tafel-Läden, deren Zweck es sei, "noch verwendungsfähige Nahrungsmittel und andere Gegenstände des persönlichen Gebrauchs zu sammeln und Bedürftigen zuzuführen". Denn auch in Deutschland gebe es neben einem Überfluss an Lebensmitteln zugleich immer mehr Menschen, die nicht genug hätten, um satt zu werden. Die Tafel schlägt eine Brücke zwischen Mangel und Überfluss und erreicht damit einen doppelten Nutzen: den Dienst am Mitmenschen und den für die Umwelt. Zahlreiche Gaggenauer Läden unterstützen diese Hilfeleistung durch eine regelmäßige Lebensmittelspende: Aldi, Lidl, Edeka, Penny, Rewe und der CAP-Markt in Bad Rotenfels. Aber auch sieben örtliche Bäckereien und eine Metzgerei zählen zu den Lieferanten: Peters gute Backstube, Bäckerei Pfistner, Braun, Häfele, Fischer, Brezels und Liedtke sowie die Metzgerei Krug übergeben dem Tafel-Fahrdienst zweimal pro Woche ihre überschüssigen Waren. Auf diese Art rettete die Gaggenauer Tafel im vergangenen Jahr über 100 Tonnen Lebensmittel. Hinzu kommen private Spender oder Sach-Spenden bei einzelnen Aktionen.
An besonderen Tagen können auch frische Waren an die Bedürftigen verteilt werden. Zum Beispiel erfreuten sich zur Weihnachtszeit über 200 Menschen an einem warmen Gericht von Tonis Pizza Express. Diese große Unterstützung von Geschäften und Firmen aus Gaggenau machte es möglich, dass "wir in einem schwierigen Corona-Jahr stabil für unsere Kunden da sein konnten", stellte Hartmann dankend fest. Er betonte auch die vom Benz-Werk zur Verfügung gestellten, mietfreien Räumlichkeiten und die ebenfalls kostenlose Müll-Entsorgung durch die Firma Hurrle. Schatzmeister Thomas Seifert erläuterte die Gegenüberstellung von Ausgaben und Einnahmen. Insgesamt ergab sich ein Gewinn, mit dem die Tafel laut Seifert "für die Zukunft gut gerüstet" sei. In den nächsten Jahren erwartet Hartmann einen weiteren Anstieg der Bedürftigkeit. Aktuell seien 238 Kunden plus zahlreiche Kinder und Jugendliche als Tafelkunden registriert. Davon sind über 70 neue Flüchtlinge aus der Ukraine; seit längerer Zeit kaufen Syrer, Afghanen und auch zahlreiche deutsche Mitbürger im Schnitt einmal pro Woche Waren aus dem Tafelladen ein.
Oberbürgermeister Christof Florus (Freie Wähler) zeigte sich erstaunt über die Bandbreite der Leistungen und lobte die Arbeit der über 80 Vereinsmitglieder: "Chapeau – das ist Ehrenamt pur!" Florus teilte die Ansicht, dass die finanzielle Lage für die Menschen nicht einfacher werden wird und dankte für die "hervorragende Arbeit", die allen voran Josef Hartmann in seiner zwölfjährigen Vorstandschaft geleistet habe: Den Aufbau eines kleinen Unternehmens durch überzeugende Einstellung und Führungskraft. Hartmann selbst beschrieb den Start mit einem unbekannten Weg, den er mit seinem Team "im Gleichschritt gegangen" sei.
Nur Schoko-Weihnachtsmänner bleiben vor Ostern wie Blei liegen
Badisches Tagblatt 06.04.2022
Der Gaggenauer Tafelladen leidet unter Hamsterkäufen / Genug Pizza für alle: Die "beliebteste" Ware geht kartonweise weg
Zumindest was Schoko-Nikoläuse anlangt, kann Tafelladen-Chef Josef Hartmann entspannt lächeln: Von diesen schlummern mehr als genug in den Regalen. Foto: Hartmut Metz
Bei den Endivien- und Feldsalaten und dem Gemüse stehen zwei Damen und verteilen die knapp gewordene Ware an die Menschen, die rote Einkaufskörbe hinter sich herziehen. 30 Cent kostet der Feldsalat laut dem Preisschild an dem Regal. Ein Schnäppchen im Vergleich zu den anziehenden Lebensmittelpreisen in Supermärkten und Discountern.
Aber es handelt sich nicht um einen ganz taufrischen Feldsalat – schließlich stammt er von einem hiesigen Lebensmittelmarkt, der seinen Kunden die Ware nicht mehr anbieten wollte. Essbar ist das Grün dennoch. Ware mit abgelaufenen Verfallsdatum bietet der Gaggenauer Tafelladen seiner bedürftigen Kundschaft niemals an. Das gilt selbst für die leckeren Schoko-Weihnachtsmänner, die einen aus blauen Körben neben der Kühltheke anlachen.
Bereits 15 Ukrainer als Neukunden
Obwohl sie teilweise aus der Überproduktion von Milka stammen, liegen die Süßigkeiten wie Blei in den Regalen – wenn der Osterhase naht, will wohl niemand seinem Kind einen Weihnachtsmann ins Nest legen. Selbst die rot-weißen Weihnachtsmänner, die das Emblem des FC Bayern München tragen, nimmt keiner in seinen Korb – die Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber plagen sicher andere Sorgen als die Ergebnisse der Millionarios in kurzen Kicker-Hosen, weshalb sie nicht als Fans beherzt zugreifen.
Zwei Meter weiter packen sie dafür umso mehr in ihren roten Rollkorb: "Pizzen gehen immer und sind am beliebtesten. Da gehen ganze Kartons weg", berichtet Josef Hartmann, während einer der rund 70 ehrenamtlichen Helfer der Gaggenauer Tafel für Nachschub sorgt. "Wir haben noch 80 Kisten mit 80 kleinen Pizzen", berichtet der Mann zufrieden. Die 20 Cent billige Tiefkühlware stammt von einem großen Hersteller – oder aus Rastatt, wo die größte baden-württembergische Verteilstation der Tafel sitzt. Egal, woher, Hauptsache genug da für die täglich rund 70 Kunden.
Hartmann macht sich als Vorsitzender der Gaggenauer Tafel derzeit Sorgen. Zum einen, weil sich die Quote der Flüchtlinge unter seinen Kunden noch deutlich erhöhen wird, obwohl sie schon bei "über 50 Prozent" liegt. Der Krieg in der Ukraine hat bereits 15 Geflüchtete, die in Forbach strandeten, in die Arme der Gaggenauer Tafel getrieben.
"Es werden sicher noch mehr. Freiolsheim erwartet auch Ukrainer", fürchtet Hartmann, dass die Schlangen an den Öffnungstagen Dienstag und Freitag noch länger werden als sie eh schon sind. Geduldig und diszipliniert warten die Menschen in der Unimogstraße 1 vor dem Laden, in den zu Corona-Zeiten nur maximal sechs von ihnen mit Maske dürfen. Sie wissen: Jeder kommt dran, auch wenn es laut Hartmann "demnächst 100 statt 70" sein sollten. Das rührige Team aus dem Murgtal, das sich überwiegend aus älteren Ehrenamtlichen und zwei Mini-Jobbern zusammensetzt, lässt den Laden auf, bis auch der Letzte seinen Warenkorb füllen konnte.
Bedürftige bezahlen nur ein Zehntel des Preises
Neben dem steigenden Andrang macht Hartmann gerade jetzt auch die rückläufige Spendenbereitschaft zu schaffen. Die acht Bäckereien von Bischweier bis Gernsbach liefern zuverlässig Waren vom Vortag. Auch die Metzgerei Krug und Edeka Südwest Fleisch, wobei die muslimische Kundschaft, etwa aus Afghanistan, auf Halal-Produkte Wert legt, sprich: das Schweinefleisch unberührt lässt.
Dagegen fehlt es im Tafelladen an Mehl, macht Hartmann die "Hamsterkäufe als Problem" aus, die die Lage "verschärfen". Der seit zwölf Jahren als Vorsitzender der Tafel amtierende Gaggenauer fühlt sich an die Lage 2015/2016 erinnert, als viele Syrer nach Deutschland strömten. Dass die Märkte immer weniger spenden, weil sie ihren Warenbestand optimieren und so weniger übrig bleibt, mag der 78-Jährige nicht kritisieren. Im Gegenteil! Generell sei das ja gut, schließlich "besteht unsere Zielsetzung darin, Lebensmittel zu retten, die sonst entsorgt würden. Wir haben nicht das Ziel, bedürftige Menschen komplett zu versorgen. Diesbezüglich muss der Staat seiner Fürsorgepflicht nachkommen", stellt Hartmann klar.
Während seiner Ausführungen passieren einige Kunden mit ihren prall gefüllten Rollkörben die Ladenkasse vor dem Ausgang. Sie zeigen ihre Laufzettel vor, sodass sie nicht die angezeigten Einzelpreise beim Feldsalat oder den kleinen Pizzen berappen müssen. "Im Schnitt bezahlen die Leute vier bis fünf Euro", weiß der Vorsitzende der Tafel und betont, "das sind etwa zehn Prozent des ortsüblichen Preises." Der Werbespruch eines Discounter-Riesen lässt sich deshalb zum Glück der Bedürftigen umdeuten: "Tafelladen lohnt sich!"